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Neues aus Wien | Pizza bleibt!!

In der Sendung des Anarchsistischen Radios vom 04. Mai 2014 wird ein sehr netter Text über die richtige Einstellung zur Arbeitsmoral vorgelesen [siehe unten]. Außerdem gibt es News über die die Bullengewalt vor der Pizzeria Anarchia und dem Wagenplatz Treibstoff, doch hört selbst:

04/05/2014 – Repression, Bullengewalt, 1. Mai, Pizza+Treibstoff

AN DER FISCHTHEKE…

Ich arbeite an der Fischtheke in einem Kaufhaus. Es ist nicht schwer sich vorzustellen, wie beschissen dieser Job ist. Eigentlich hätte ich schon längst gekündigt, aber da der Zastecharlie_chaplin02r für meine Miete irgendwie reinkommen muss, habe ich Schiss keinen Job zu bekommen und die Wahrscheinlichkeit, dass ein anderer Job besser  wäre oder mir sogar gefallen würde, ist gleich Null.   Eigentlich machen  alle Berufstätigen das gleiche wie ich: Sich in der Früh aus dem Bett  quälen, versuchen jeder freien Sekunde ein bisschen Geschmack durch  eine fade Kippe oder viel zu süßen Kaffee einzuhauchen, in die U-Bahn  wanken um sich neben andere verschlafene Mutanten zu gesellen,  sich in der Arbeit angekommen in eine peinliche Uniform oder Maske  zwängen um dann endlich zu arbeiten… und ich muss mir dann noch  ein verkrampftes Lächeln abringen, wenn ich dem nächsten Kunden  einen überteuerten Fisch entgegenstrecke. Irgendwann hat man sich so  an die Routine der Arbeit gewöhnt, dass man fast denken könnte, dass man sich damit abgefunden hat und sich trotz dieses ständigen inneren Unbehagens irgendwie mit dieser eintönigen Routine arrangieren könne. Doch das einzige was einen während der Arbeit am Leben hält, ist der Gedanke an den Feierabend. Nicht, dass dieser jetzt besonders aufregend sein muss, nein, es ist nur die Gewissheit, dass das alles bald vorbei ist, die einen dazu bringt, weiterzumachen.
Ernsthaft, wenn ich an der Fischtheke stehe und auf die Uhr schaue, hoffe ich immer, dass schon wieder eine Stunde um ist. Ein komisches Leben, in dem man ununterbrochen nur damit beschäftigt ist, es hinter sich zu bringen.
Die Schnösel, die mir jetzt vielleicht  widersprechen, weil sie ja so einen  besonderen, einzigartigen Beruf haben,  der ihnen so richtig Spaß macht und sie  auch noch ganz selbstständig ohne Chef und Dienstplan sind – auch wenn es nur eine Handvoll von ihnen gibt – haben wir  die Lüge geschluckt, die uns Lehrer und  Arbeitsämter schon immer eintrichtern  wollten: Dass es da draußen einen Beruf  gibt, für den wir gemacht sind, der unsere Berufung ist. Aber die Berufung  formt den Berufenen und nicht der  Berufene seinen Beruf. Denn wer sich  das Hobby zur Arbeit macht, macht  sich die Illusion die Arbeit zum Hobby  machen zu können und das ist ein in  etwa so fruchtbares Unterfangen wie  aus Scheiße Gold machen zu wollen.
Ich bin Diener und Bedienter in  einem: Wenn ich arbeite, erkaufen  sich Kunden Dienstleistungen von mir  (bzw. bezahlt mein Chef mich dafür)  und machen mich so zu einem Diener,  der ihnen ihren Fisch verpackt, obwohl  ich absolut keinen Bock darauf habe.  Und wenn ich Feierabend habe, gebe  ich meine gerade verdiente Kohle eben wieder aus um irgendeinen Krempel  zu kaufen und um all diesen Krempel verfügbar zu machen, mussten andere  Leute Stunden lang Diener spielen.
Wir kommen nicht darum herum und  sind unser Leben lang in diesen Rollen eingesperrt und anscheinend dazu  verdammt, zu dienen und uns bedienen zu lassen. Ich könnte auch sagen, dass  wir Hure und Freier, Drogendealer und Drogenabhängiger, Sklave und  Sklaventreiber in einem sind. Wenn ich in die Arbeit gehe und mir die  Maskerade eines Fische verkaufenden Dieners überziehe, erinnere ich mich  immer daran, dass das ein Kostüm ist, um zu verhindern, dass ich irgendwann  mit dieser Rolle verwachse und aus Überzeugung diene. Denn wenn ich in  meinem Leben Momente der Freude und des Glücks ergattere, geschieht dies  sicherlich nicht an der Fischtheke und so bin ich stets darauf bedacht, so wenig  Zeit wie möglich an diesem verflixten
Ort herumzustehen. Ohne es zu ahnen, vollendete ich  vor einigen Wochen einen echten Geniestreich, der ganz im Sinne  dieser  arbeitsscheuen  Haltung steht: Als das Kaufhaus schon längst  geschlossen hatte, waren nur noch  ich und ein jüngerer Kollege in der Lebensmittelabteilung übrig. Dieser Kollege ist ein Arschkriecher wie er im Buche steht und ist ununterbrochen nur damit beschäftigt, es dem Chef möglichst recht zu machen. Vielleicht wittert er Aufstiegschancen und will Abteilungsleiter werden oder vielleicht ist er wirklich mit der Rolle des Fischverkäufers verschmolzen, ich weiß es nicht. Jedenfalls hätten wir den Laden eigentlich dicht machen können, doch er war ganz erpicht darauf, noch einmal komplett durch zu wischen und den Laden auf Hochglanz zu bringen, obwohl wir noch nicht einmal für solche Überstunden bezahlt werden. Ich sagte ihm klipp und klar, dass ich da nicht mitspiele und für heute Schluss ist. Da er aber den Schlüssel für die Türen hatte musste er mich hinauszulassen. Als ich ihn darum bat, murmelte  er, dass er noch schnell  etwas aus einer anderen Abteilung holen müsste  und mich erst dann  rauslassen könne. Ich  grummelte, dass er sich gefälligst beeilen  sollte. Ich warte und  warte und er kam und kam  nicht und als mir die Lächerlichkeit der Situation bewusst wurde – dass ich in diesem Drecksloch meine freie Zeit vergeude, nur weil der fleißige Spinner anscheinend Spaß am Schuften hat – ergriff ich blindlinks einen dicken Kabeljau aus dem Kühlregal und  schleuderte ihn mit hochrotem Kopf in  eine andere Ecke des Ladens. Das hat er  davon, den alten Fisch kann er selbst aufräumen. Als er mich eine gefühlte Ewigkeit später endlich hinausließ fiel ich sterbensmüde in meine Koje und mir fiel ein, dass immerhin ein paar Feiertage vor uns lagen. Schließlich  gingen diese Feiertage auch hinüber  und als ich einige Tage später zu Schichtbeginn vor dem Kaufhaus  stand, rüttelte ich an der Türe, doch  es war abgesperrt. Alle Türen waren  verschlossen und nirgendwo war ein Zettel oder sonstiges aufzufinden. Na, wenn das mal keine gute Ausrede ist  um blau zu machen, dachte ich mir, machte eine Kehrtwende und fuhr  nach Hause. In der U-Bahn bekam  ich eine Zeitung in die Hände und als  ich sie durchblätterte fand ich eine  Nachricht, die ich erst einmal verdauen  musste: „Millionenschaden! Kaufhaus muss gesamtes Lebensmittelsortiment entsorgen! Verdorbener  Fisch  verursacht Gestank und hygienische  Standards  können nicht  mehr  garantiert werden…“ Als ich weiter  las, erfuhr ich, dass vermutlich ein hinter einer Heizungsröhre gerutschter  Fisch das ganze Dilemma ausgelöst  hätte und das Kaufhaus nun die ganze  Woche geschlossen bleiben müsste. Ein  dickes Grinsen breitete sich auf meinem  Gesicht aus und ich dachte ich mir,  wie unberechenbar doch die Folgen so  manchen Versuches sind, seiner Wut  Luft zu machen und bloß ein wenig Freiheit zu erhaschen. Der ein oder  andere Stein, den man achtlos ins stille  Wasser wirft, zieht größere  Kreise, als man ahnt…

Text aus Anarchistische Straßenzeitung Fernweh Nr. 9, zu finden auf: Linksunten Indymedia

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